Naht das Elfmeterschießen in einem wichtigen Spiel, dann fällt immer auch der Begriff „Elferlotterie“. Denn das Elfmeterschießen ist in erster Linie eine Glückssache, bei der alle Vorbereitung, alle Taktik, alle Fähigkeiten der Spieler keine Rolle spielen. Nicht wahr?
Wenn Elfmeterschießen auf reinem Glück basieren würde, wäre etwas ziemlich schiefgelaufen. Schließlich wurde es in den 70er Jahren eingeführt, um den Zufall auszuschalten – es ersetzte den Münzwurf, mit dem KO-Spiele zuvor im Notfall entschieden wurden.
Tatsächlich entscheiden beim Elfmeterschießen die Fähigkeiten und die Nerven der Spieler, die Qualität des Trainers und die Vorbereitung. Je besser der Trainer seine Spieler kennt und sich in sie hineinversetzen kann, desto eher wählt er die richtigen Schützen aus. Je besser diese schießen und je nervenstärker sie sind, desto eher treffen sie. Auch beim Torwart spielt Nervenstärke eine Rolle, dazu ein Auge für das Verhalten des Spielers und schnelle Reaktionen[i]. Es zahlt sich zudem nicht nur aus, im Training Elfmeter geübt zu haben, sondern zum Beispiel auch den gegnerischen Torwart und die potentiellen Schützen im Vorfeld beobachtet und eventuelle „Lieblingsecken“ beim Elfmeter ausgemacht zu haben. Des Weiteren sind mittlerweile in zahlreichen Studien weitere Faktoren entdeckt worden, mit denen eine Mannschaft ihre Erfolgschancen erhöhen kann – zu viele, um hier alle aufzuführen[ii]. Als Beispiel sei erwähnt, dass Spieler besser schießen, wenn ihre Kameraden die Treffer der vorherigen Schützen bejubelt bzw. Fehlschützen getröstet haben.
Wo ist bei all diesen Faktoren der riesige Glücksanteil, der das Elfmeterschießen ja angeblich zur Lotterie macht?
Klar, ein bisschen Glück ist immer dabei, aber: Interessanterweise sind beim Elfmeterschießen sogar einige Faktoren ausgeschaltet, die von den Spielern nicht zu beeinflussen, also eher glücksbasiert, sind – zum Beispiel spielen die Entscheidungen des Schiedsrichters kaum noch eine Rolle[iii]. Ebenso kommen z.B. unterschiedliche Platzzustände oder Lichtbedingungen in den beiden Spielfeldhälften nicht mehr zum Zuge, da ja beide Teams auf dasselbe Tor schießen. Da es eine klare Aufgabe und nur Sieg oder Niederlage gibt, ist es auch nicht möglich, dass die bessere Mannschaft am Ende verliert oder der schwächere Gegner sich zu einem Unentschieden rettet. Im Elfmeterschießen ist also sogar weniger Glück im Spiel als während der eigentlichen Partie – es ist der vielleicht chancengleichste, am wenigsten mit einer Lotterie zu vergleichende Teil eines Fußballspiels.
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