In den 2000er Jahren durchlebte die deutsche Frauennationalmannschaft ihre erfolgreichste Zeit – 2001, 2005 und 2009 wurden die Damen Europameisterinnen, 2003 und 2007 Weltmeisterinnen. Zur selben Zeit waren die Ergebnisse der deutschen Herren weit weniger beeindruckend. Die Vizeweltmeisterschaft von 2002 war eher Losglück als spielerischer Leistung zu verdanken, 2000 und 2004 schied man bei der EM in der Vorrunde aus. Der dritte Platz bei der Heim-WM 2006 war zwar eine positive Überraschung, stellte die Fans aber auch nicht zufrieden. Zu dieser Zeit machte erstmals die Behauptung die Runde, die Frauennationalelf sei stärker als die der Herren, und gerüchteweise raunte man sich zu, bei einem Freundschaftsspiel der beiden deutschen Nationalteams hätten die Frauen dann auch den Sieg davongetragen. Teilweise kursieren diese Gerüchte bis heute, und auch nach der guten EM der Damen 2022 hieß es wieder, dass diese die Männer wohl schlagen würden und vielleicht an deren Stelle zur WM nach Katar fahren sollten. Aber ist da was dran?
Tatsächlich ist die deutsche Frauennationalmannschaft mit 11 Titeln bei großen Turnieren (2x Weltmeister, 8x Europameister, 1x Olympiasieger) erfolgreicher als die der Herren mit ihren acht Titeln (4x Weltmeister, 3x Europameister, 1x Confed-Cup-Sieger). Aber die Zahl der Titel allein lässt nicht auf die Spielstärke der Mannschaften im direkten Vergleich schließen. Die Frauen holten ihre Erfolge gegen wesentlich schwächere Konkurrenz. Zum Vergleich: Die Glasgow Rangers holten (im Herrenbereich) 55 Meistertitel, Bayern München „nur“ 32. Dennoch wären die Bayern im direkten Duell Favorit – denn die Rangers holten ihre Titel in der viel schwächeren schottischen Liga. Wer also aus den erzielten Erfolgen ableiten will, dass die deutschen Frauen stärker seien als die Männer, der vergleicht Äpfel mit Birnen und liegt daneben.
Beweiskräftiger wäre sicher ein direkter Vergleich der beiden Teams. Aber das ominöse Freundschaftsspiel zwischen Herren- und Damennationalmannschaft hat nie stattgefunden. Und der Grund dafür beweist auch, dass die Frauen eben nicht stärker sind als die Männer.
Denn hochklassige Frauenmannschaften spielen in Testpartien immer mal wieder gegen Männer – aber immer gegen unterklassige oder Jugend-Teams. Und zumeist verlieren die Frauen diese Partien. Die so hoch eingeschätzte deutsche Frauennationalmannschaft erwischte es 2003 gleich zweimal – erst unterlag sie der B-Jugend des VfB Stuttgart mit 0:3, später noch der U16 von Eintracht Frankfurt mit 0:2[i]. Unnötig, da noch zu erwähnen, dass sie gegen die A-Nationalmannschaft wohl völlig chancenlos gewesen wäre. Und dass das Ergebnis der aktuellen deutschen Damenmannschaft gegen eine australische Jugendmannschaft im Vorfeld der WM 2023 geheim gehalten und nur mit „Wir haben viel daraus gelernt“ bewertet wurde, hat sicher auch seinen Grund…
Immerhin sind die deutschen Damen mit diesem Schicksal nicht allein, auch die anderen Spitzenteams des Frauenfußballs fuhren solche Ergebnisse ein. Die australische Frauennationalmannschaft ging 2016 gegen die U15 der Newcastle Jets gar mit 0:7 unter, die damals amtierenden Weltmeisterinnen aus den USA kassierten 2017 ein 2:5 gegen die U15 des FC Dallas[ii], und 2021 mussten die Brasilianerinnen ein 0:6 gegen die U16 von Gremio Porto Alegre hinnehmen[iii]…
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