Frauenfußball, das ist doch auch nur wieder einer von diesen modernen Ticks. Ein weiterer Versuch von Frauen, im Sinne der Gleichberechtigung auf Teufel komm raus in eine Männerdomäne vorzudringen. Früher hätte es sowas nicht gegeben! Da standen die Frauen noch schicklich hinter dem Herd, oder bestenfalls schmachtend am Spielfeldrand, während ihre Männer um sportlichen Ruhm kämpften. So erinnert sich jedenfalls so mancher Herr der Schöpfung.
Aber natürlich ist Frauenfußball so alt wie der Fußball selbst. Schon direkt nach der Festlegung der modernen Fußballregeln und der Einführung des Fußballs als Schulsport in England 1863 wurde der Sport auch von Schülerinnen gespielt – und sicherlich waren auch nach der Schule Mädchen in den Parks und Hinterhöfen am Ball. Das erste heute sicher bekannte organisierte Frauenfußballspiel war dann gleich ein Länderspiel: Anfang Mai 1881 spielten, von der Öffentlichkeit fast unbemerkt und heute fast völlig vergessen, in Edinburgh Damen aus England und Schottland gegeneinander. Das zweite Match der beiden Teams, nur wenige Tage später in Glasgow, zog dann tatsächlich ein paar Zuschauer an – unglücklicherweise. Denn kurz nach Beginn der zweiten Halbzeit stürmten (männliche) Hooligans den Platz, das Spiel musste abgebrochen werden. Heimische Zeitungen schrieben danach hämische Nachrufe auf die kurzlebige Idee „Frauenfußball“, die Tour der englischen Damen durch Schottland scheint aber noch über den Juni fortgeführt worden zu sein.[i] Große Aufmerksamkeit in der Öffentlichkeit erregte der Frauenfußball dann erstmalig 1894, als Nettie Honeyball zusammen mit rund 50 Gleichgesinnten den Frauenfußballverein British Ladies gründete. Die erste organisierte Partie der Ladies – in Ermangelung eines Gegners spielten die südenglischen Clubmitgliederinnen gegen die aus Nordengland – fand am 23. März 1895 statt, wurde von rund 10000 Zuschauern besucht und in der Presse detailliert wiedergegeben.[ii]
Als während des Ersten Weltkrieges männliche Fußballer knapp wurden, gab es europaweit einen großen Aufschwung im Frauenfußball. Auch in Deutschland scheinen damals die ersten organisierten Spiele der Damen stattgefunden zu haben – eindeutig nachgewiesen sind sie hierzulande allerdings erst für die 1920er, als Frauenfußball bei den deutschen Hochschulmeisterschaften angeboten wurde. Das älteste überlieferte Frauenfußballergebnis Deutschlands ist ein 2:1 Sieg der Münchener Studentinnen gegen jene aus Berlin bei den Meisterschaften 1927[iii].
Na schön, wird der Fußballmacho nun sagen, aber zwischendurch war der Frauenfußball in Deutschland doch verboten?
Halb richtig. Gesetzlich verboten war Frauenfußball nie, allerdings untersagte der DFB 1955 allen seinen Mitgliedsvereinen, Damenabteilungen zu unterhalten oder Plätze, Material und Schiedsrichter für Frauenspiele zur Verfügung zu stellen. Die Begründung liest sich mittelalterlich: „Im Kampf um den Ball verschwindet die weibliche Anmut, Körper und Seele erleiden unweigerlich Schaden und das Zurschaustellen des Körpers verletzt Schicklichkeit und Anstand.“
Aber: Unbeeindruckt von der Diskriminierung gründeten Frauen zahlreiche DFB-unabhängige Mannschaften. So etwa Grün-Weiß Dortmund, das ab 1956 spielte, auch internationale Freundschaftsspiele bestritt und zeitweise so viele Vereinsmitgliederinnen hatte, dass zwei Mannschaften gestellt werden konnten. Im selben Jahr gründete der Kaufmann Willi Ruppert einen Frauenfußballverband für Westdeutschland und stellte sogar eine deutsche Nationalmannschaft auf, die am 23. September 1956 ihr erstes Spiel gegen die Nationalelf der Niederlande bestritt und gewann. Während solche Veranstaltungen rundum gute Presse erhielten, wüteten die alten Herren des DFB. Nach einem Damenländerspiel in München 1957 warf der Verband der Stadt vor, ihm „in unserem Kampf gegen den Damenfußball gleichsam in den Rücken gefallen“ zu sein. Als im selben Jahr in Frankfurt am Main ein großes Frauenfußballspiel angesetzt wurde und der DFB daraufhin drohte, keine größeren Spiele der Herren mehr in Frankfurt austragen zu lassen, befasste sich der Sportausschuss des Deutschen Städtetags mit der Streitfrage – und urteilte wesentlich fortschrittlicher und weitsichtiger als die vermeintlichen Hüter des Fußballs: „Wenn die Frauen Fußball spielen wollen, so können sie das auch, denn wir haben schließlich die Gleichberechtigung.“[iv]
Berlin nahm sich das auch gleich zu Herzen und richtete noch im November desselben Jahres sogar eine inoffizielle Europameisterschaft der Frauen aus. Der DFB drohte daraufhin auch der Hauptstadt mit Entzug großer Spiele, konnte das Turnier aber nicht verhindern. Zwar spielten die deutschen Frauen bei dieser EM schlecht, und zudem gab es finanzielle Ungereimtheiten im Hintergrund, die sogar zu Betrugsvorwürfen führten, doch die Schuld dafür wurde in erster Linie beim DFB gesehen – der solle doch lieber organisierten und kontrollierten Frauenfußball unter seiner Obhut ermöglichen, um die Spielerinnen zu fördern und zwielichtigen Geschäftsleuten die Organisation zu entreißen.[v]
Erst 1970 gab der DFB nach, erlaubte Frauenfußball und richtete fortan nicht nur Turniere aus, sondern stellte auch eine Nationalmannschaft auf – nachdem nicht vom DFB anerkannte Damennationalteams bereits über 150 Länderspiele bestritten hatten.
Also: Frauenfußball gibt es (fast) so lange wie Herrenfußball, und selbst in der Zeit des vom DFB einseitig ausgesprochenen Verbotes waren die Damen nicht vom runden Leder fernzuhalten.
Kommentare
Kommentar veröffentlichen