Jeder Fußballfan kennt das Klischee, und jeder Fußballfan erinnert sich an mindestens ein Spiel, in dem es zutraf: Ein Team wird durch eine Rote Karte dezimiert und bäumt sich plötzlich auf, wird stärker als vor dem Platzverweis. Erklärt wird das gerne mit einer „Jetzt erst recht!“-Haltung, die die Spieler aufputscht und zu Glanzleistungen treibt. Die Strafe des Platzverweises als Vorteil? Kann das sein?
Nein, natürlich nicht. Das ist eine dieser Fußballmythen, bei denen man sich eigentlich schon denken kann, dass sie auf gut in Erinnerung gebliebenen Einzelfällen basieren, statistisch aber Unfug sind. Eine Mannschaft, die früh in Unterzahl gerät, wird das Spiel in aller Regel verlieren. 2018 sammelte Stan Ivanov Daten aus den ersten Ligen Englands, Spaniens und Italiens und kam zu dem Resultat: Die Wahrscheinlichkeit eines Heimsieges in diesen Ligen liegt bei 47,8%. Sieht das Auswärtsteam eine rote Karte, steigt sie auf 57,5%. Richtig massiv wirkt sich eine rote Karte für das Heimteam aus: Die Chance auf einen Heimsieg sinkt nach einer Dezimierung des Gastgebers auf bedrückende 18,5%[i]. Die dezimierte Mannschaft verteidigt auch nicht besser: Eine englische Studie ergab, dass die durchschnittliche Torzahl einer Mannschaft in Überzahl um immerhin 0,6 anstieg[ii]. Ein Platzverweis ist kein Vorteil, kein Motivationsschub. Meistens ist er eine Katastrophe.
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