Direkt zum Hauptbereich

Posts

Es werden Posts vom September, 2024 angezeigt.

IRRTUM: Frauen interessieren sich nicht für Fußball

  Es ist die Mutter aller Klischees über Frauen und Fußball: Die Damenwelt interessiert sich überhaupt nicht für den edlen Sport. Während jeder Mann voller Fußballbegeisterung steckt (und wenn nicht, dann kommt das noch!), gibt es für eine Frau nichts langweiligeres als „22 Männer, die einem Ball hinterherlaufen“. Frauen schauen nur dann zu, wenn sie einen Mann beeindrucken wollen – oder, wenn ein besonders schöner Mann auf dem Platz steht. Richtig? Falsch! Zwar ist es korrekt, dass der Anteil an allgemein Sport- und speziell Fußballbegeisterten unter Männern immer noch größer ist, aber der Fußball hat längst eine solide weibliche Fanbasis. Laut einer Studie von 2017 bezeichnen sich in Deutschland satte 41,9% der Frauen als Fans oder zumindest Sympathisantinnen eines oder mehrerer Fußballvereine [i] . Einen zusätzlichen Aufschwung gibt es bei großen Turnieren – für die WM 2018 interessierten sich 48% der deutschen Frauen (während es bei den Männern kaum Schwankungen gibt – die Za...

IRRTUM: Die Fans treiben ihr Team zum Sieg

  Es ist vielleicht der größte, wichtigste Mythos des Fußballs – die Abhängigkeit der Leistung einer Mannschaft vom Support der Fans. Jeder Fußballfan erinnert sich an Spiele, in denen die euphorisierten Fans ihr Team zum Sieg gesungen haben; die fantastische Stadionatmosphäre, die die Spieler zu Höchstleistungen antreibt, ist so fester Bestandteil der Fußballfolklore geworden. Es tut dem Fanherz also weh zu hören, dass die Unterstützung von den Rängen die Leistungen der Mannschaft und die Saisonergebnisse praktisch nicht beeinflusst. Leider ist das das eindeutige Ergebnis diverser Studien zum Thema. In der Saison 2006/2007 fanden in der ersten italienischen Liga 20 Spiele aus Sicherheitsgründen ohne Zuschauer statt. Im Vergleich dieser Spiele mit den übrigen Partien der Saison ließen sich keine Unterschiede bezüglich des Heimvorteils, der Spielerleistung, der Zahl an Toren etc. erkennen [i] . Die Geisterspiele in der deutschen Bundesliga während der Corona-Pandemie 2019/2020 l...

IRRTUM: Eine Mannschaft oder ein Spieler, die "einen Lauf" haben, sind besonders gefährlich

  Der sogenannte „Lauf“, die Erfolgssträhne, gehört zu den ganz festen Vorstellungen aller Fußballfans. Ein Stürmer, der in den letzten Spielen getroffen hat, hat einen solchen Lauf, er ist auch im kommenden Spiel gefährlicher als normalerweise. Auch Mannschaften haben einen Lauf – auf zwei Siege in Folge wird bestimmt der dritte folgen. Schauen wir uns zuerst die Frage an, ob ein einzelner Stürmer einen „Lauf“ haben kann. Die erste Studie zu diesem Thema legte der Psychologe Thomas Gilovich 1985 vor. Er hatte die Überzeugung von der sogenannten Hot Hand , der „heißen Hand“, im Basketball untersucht. Man ging seinerzeit davon aus, dass ein Basketballspieler, der den letzten Freiwurf im Korb versenkt hatte, eine erhöhte Wahrscheinlichkeit hat, auch mit dem nächsten Freiwurf zu punkten. Obwohl die Mehrheit der Spieler, Trainer und Fans davon überzeugt war, konnte Gilovich nachweisen, dass die Wahrscheinlichkeit eines Treffers nicht durch vorherige Erfolge beeinflusst wurde. Die Tre...

IRRTUM: Der Gefoulte soll den Elfmeter nicht selber schießen

  Eine der großen Fußballweisheiten lautet: „Der Gefoulte soll nicht schießen!“ Woher dieser Mythos ursprünglich kommt, ist leider nicht mehr nachzuvollziehen. Entstand er aufgrund einer konkreten Begebenheit? Oder ist es wieder einmal nur eine vermeintlich logische Herleitung a’la „Der Spieler ist, nachdem er gefoult wurde, zu aufgewühlt, um den Elfmeter konzentriert anzugehen“? Wie dem auch sei, es ist reiner Aberglaube, mittlerweile vielfach widerlegt. So verglich zum Beispiel Oliver Kuss von der Universität Halle-Wittenberg alle Elfmeter, die in der Bundesliga zwischen 1963 und 2007 geschossen wurden, und kam zu dem Ergebnis: Schoss der Gefoulte selbst, wurden 72% der Elfmeter verwandelt, schoss ein anderer Spieler, waren es 74% - ein statistisch zu vernachlässigender Unterschied [i] . Daniel Memmert von der Deutschen Sporthochschule Köln fand bei einem Vergleich internationaler Elfmeter überhaupt keine Differenz – Gefoulte und Ungefoulte trafen in je 73% der Fälle [ii] . Bei...

IRRTUM: Bei nassem Rasen wird der Ball schneller

  Es ist eine der bekanntesten Taktikweisheiten, die schon den jüngsten Fußballern eingeimpft wird: Bei regennassem Rasen müsse man öfter mal aus der zweiten Reihe abziehen, denn durch die Feuchtigkeit würde der Ball schneller. Das führe dazu, dass aus Weitschüssen bei Regen enorme Torgefahr entstehe. Aber wie leider so manche alte Fußballweisheit liegt auch diese daneben. Zunächst einmal: Der Ball wird bei feuchtem Rasen nicht schneller. Das ist eine physikalische Unmöglichkeit. Ein Ball wird durch das Zuführen von Bewegungsenergie schneller und durch die Reibung mit Luft und Boden langsamer. Die Bewegungsenergie erhält er durch den Schuss – danach kommt auch bei nassem Rasen keine Energie mehr dazu. Stattdessen leidet die Geschwindigkeit unter der Reibung. Ein bisschen Wahrheit steckt aber schon in dem Spruch: Der Ball wird zwar nicht schneller, aber er wird weniger schnell langsam – denn die Reibung ist auf dem feuchten Rasen kleiner [i] . Man sollte annehmen, dass das die Tor...

IRRTUM: Wenn ein zweiter Ball auf dem Platz ist, muss das Spiel unterbrochen werden

  Nach dem durchaus diskutablen englischen Siegtor gegen Dänemark im Halbfinale der EM 2021 fanden sich viele Schlaumeier, die meinten beweisen zu können, dass es gar nicht erst zu der strittigen Elfmetersituation hätte kommen dürfen. Ein Spielfoto kursierte im Internet, das einen zweiten Ball auf dem Spielfeld zeigte, kurz vor dem verhängnisvollen Elfmeterpfiff. Und wenn sich ein zweiter Ball im Spiel befindet, dann muss die Partie ja wohl unterbrochen werden, oder? Dieser Irrtum kam im Rahmen jenes Spieles zwar zu großer Prominenz, war aber natürlich schon zuvor weit verbreitet. Dennoch: Ein zweiter Ball auf dem Feld führt nicht zwangsläufig zur Spielunterbrechung. Laut den offiziellen Regeln muss der Schiedsrichter, falls sich ein weiterer Ball oder ein anderes Objekt auf dem Platz befindet, das Spiel nur dann unterbrechen, wenn das Spielgeschehen gestört wird. Ob das der Fall ist, liegt einzig im Ermessen des Schiedsrichters; selbst in dem Fall, dass ein Spieler oder der Spie...

IRRTUM: Der Brasilianer Leonidas erfand den Fallrückzieher

  1938 erzielte der brasilianische Nationalspieler Leônidas da Silva einen Treffer gegen Polen per Fallrückzieher. Seither geistert durch die Fußballliteratur, das sei das erste Mal gewesen, dass die spektakuläre Technik zum Einsatz gekommen wäre. Und als da Silva 2004 starb, wurde in zahlreichen Nachrufen der „Erfinder des Fallrückziehers“ betrauert. Doch tatsächlich ist da Silva nachweislich nicht der Erfinder – der erste zweifelsfrei dokumentierte Fallrückzieher war schon 1927 zu sehen gewesen, der Chilene David Arellano führte ihn während einer Europareise der chilenischen Nationalmannschaft in einem Match gegen Spanien vor [i] . Daher ist die Technik in der spanischsprachigen Welt als la chilena bekannt. Aber auch Chile ist wohl nicht das Ursprungsland des Fallrückziehers – allerdings wird es ab hier etwas vage. In Peru heißt der Fallrückzieher la chalaca , „Die aus Callao“ – hier geht man davon aus, dass er in den 1890ern in der Hafenstadt Callao bei Amateurspielen erfund...