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Es werden Posts vom Januar, 2025 angezeigt.

IRRTUM: Für ein Elfmeterschießen kann man nicht trainieren

  Noch heute meinen manche Profi- und viele Amateurtrainer, es habe keinen Sinn, für ein Elfmeterschießen zu trainieren. Der Druck, der im Ernstfall auf dem Schützen liegt, sei nicht zu simulieren, daher erübrige sich jedes Training von vornherein. Aber das ist offensichtlicher Unsinn. Denn Druck im Ernstfall lässt sich durch gute Vorbereitung und das Entwickeln von Routinen und Automatismen senken [i] . Das ist schließlich der Grund, warum nicht nur Manager, sondern auch Schüler und Studenten wichtige Vorträge vorher schon einmal zur Probe durchgehen. Dazu kommt: Auch ein Pass im Training erfolgt unter viel weniger Druck als ein wichtiger Pass im WM-Finale vor Millionen von Zuschauern. Trotzdem würde niemand behaupten, es sei sinnlos, Pässe zu trainieren. Der Sportwissenschaftler Daniel Memmert meint, auch mental könne man sich im Training vorbereiten und den Druck sogar ansatzweise simulieren: „Der Trainer könnte zum Beispiel sagen: Wer das Elfmeterschießen im Training verlie...

IRRTUM: Mit Libero kann man nichts mehr gewinnen

  Der Libero, eine Spielposition, die in den 1970ern perfektioniert wurde und nicht nur in Deutschland vor allem mit Franz Beckenbauer verbunden wird, ist heute fast ausgestorben. Es handelt sich dabei um einen freien Abwehrspieler hinter der eigentlichen Abwehrreihe (zu Hochzeiten des Liberos meist aus zwei oder drei Vorstoppern bestehend), der vor allem eine letzte Verteidigungslinie darstellt, sich aufgrund seiner frei interpretierten Rolle aber auch in die Offensive einschalten kann. Wer heute noch mit Libero antritt, muss sich schnell den Vorwurf des antiquierten Fußballs gefallen lassen; das lange Festhalten an der Spielweise mit Libero (im Gegensatz zur „modernen“ Viererkette) wird oft für das desaströse Abschneiden der deutschen Nationalmannschaft bei der EM 2000 verantwortlich gemacht. Allgemein wird davon ausgegangen, dass eine Mannschaft mit Viererkette einer Mannschaft mit Vorstoppern und Libero grundsätzlich überlegen ist und mit Libero zu spielen auf keinen Fall erfol...

IRRTUM: Ein Spiel dauert 90 Minuten

  "Der Ball ist rund, und ein Spiel dauert 90 Minuten!" Das ist vielleicht Sepp Herbergers bekannteste Fußballweisheit. Was banal klingt, ist nicht wörtlich zu verstehen gewesen, sondern als Hinweis, dass im Fußball alles passieren kann. Wörtlich ist es auch nicht ganz richtig. Durch Nachspielzeit beträgt die Bruttospielzeit einer professionellen Fußballpartie im Schnitt etwa 95 bis 96 Minuten [i] . Da die Nachspielzeit aber nie ausreicht, um all die durch ruhende Bälle und andere Unterbrechungen verlorene Zeit nachzuholen, liegt die Nettospielzeit eines Fußballspiels, die Zeit, in der tatsächlich Fußball gespielt wird, meist bei um die 65 Minuten [ii] . [i] https://www.merkur.de/sport/fussball/nachspielzeit-ein-spiel-dauert-90-minuten-10910126.html [ii] https://www.football-observatory.com/IMG/sites/b5wp/2018/242/en/

IRRTUM: In den 70er Jahren duellierten sich in der Bundesliga offensive Gladbacher mit defensiven Bayern

  In den frühen 70er Jahren wurde die Bundesliga vom Zweikampf um den Titel zwischen Bayern München und Borussia Mönchengladbach beherrscht – zwischen der Saison 1968/1969 und der Saison 1976/1977 wurde Bayern viermal, Gladbach fünfmal deutscher Meister. Viele Fans erinnern sich an diese Zeiten auch als Duell zweier Spielphilosophien: Auf der einen Seite das Gladbach Hennes Weisweilers und (anfangs) Günter Netzers, das einen atemberaubenden Offensivfußball spielte, auf der anderen Seite Franz Beckenbauers Bayern mit einem minimalistischen, erfolgsorientierten Spielansatz, der zu zahlreichen 1:0-Siegen führte. Aber die Statistik belegt schon fast das Gegenteil. Insgesamt erzielte Bayern München in den neun Spielzeiten 715 Tore bei 402 Gegentreffern, Gladbach hingegen 676 Tore bei 374 Gegentreffern – die Bayern waren also offensiv erfolgreicher und defensiv wackliger. In der Saison 1971/1972 schossen die Bayern 101 Tore, bis heute Rekord [i] . Den Titel holte in der Regel die besse...

IRRTUM: Handball ist besser als Fußball, weil...

  Verschiedene Sportarten werden immer dann, wenn sie gerade ein Großereignis haben, zur besseren Alternative zum Fußball erklärt. In Deutschland betrifft das insbesondere den Handball. Wann immer eine Handball-WM oder EM stattfindet, tauchen Meinungsartikel in den gängigen Online-Portalen auf, die uns darüber aufklären wollen, „Warum Handball geiler ist als Fußball“ oder „Was der Fußball vom Handball lernen kann/muss“. Dass Fußball weltweit Sportart Nummer 1 ist, während Handball global gesehen eine Randsportart und selbst in Deutschland viel weniger populär als Fußball ist, wird dann gerne übersehen. Müsste so gesehen nicht eher der Handball vom Fußball lernen? Zumindest haben die meisten Kommentare zum Thema wenig Substanz. Neben vagen, subjektiven Behauptungen wie „Handball hat die krasseren Typen“ tauchen auch stetig wiederholte Fehlinformationen in solchen Beiträgen auf. Hier sehen wir uns ein paar typische Argumente an, die nachweislich falsch sind.  Achtung: Es geh...

IRRTUM: Fußballer sind überbezahlt

  Die Mutter aller Fußball-Hasser-Tiraden. Neidtriefende Kommentare in den sozialen Medien werfen den Fußballern bei jeder Gelegenheit die Höhe ihres Gehaltes vor, „Millionäre“ wird dann als Schimpfwort gebraucht und zum Vergleich werden andere Jobs herangezogen, die „viel wichtiger“ sind, aber nicht so gut bezahlt werden. Völlig überbezahlt, diese Fußballer! Aber stimmt das auch tatsächlich? Ein Bundesligaspieler verdient im Durchschnitt rund 1,34 Millionen Euro im Jahr [1] ; die Zahlen zu den unteren Ligen sind umstritten, das jährliche Gehalt in der zweiten Bundesliga dürfte im Durchschnitt aber bei etwa 450.000 Euro liegen. In der dritten Liga sind es „nur“ noch etwa 116.000 Euro [i] . Das klingt nach viel Geld, aber man muss hier auch bedenken, welche enormen Geldsummen der Fußball umsetzt. In der Bundesliga fließen rund 65% des Umsatzes in die Spielergehälter [ii] – das ist nicht außergewöhnlich viel [2] , vor allem, wenn man bedenkt, dass die Spieler die Zugpferde des U...

IRRTUM: Bei gleichen Bedingungen könnten Frauen genauso gut Fußball spielen wie Männer

  Wenn Frauen die gleichen Möglichkeiten im Fußball geboten bekämen wie Männer, dann würden sie auch genauso gut spielen – so zumindest behaupten es viele eher feministisch eingestellte Fußballfans. Der Qualitätsunterschied zwischen Frauen- und Männerfußball läge demnach vor allem darin begründet, dass Männer erstens schon viel früher Erfahrungen am Ball sammeln (sobald ein Junge laufen kann, wird ihm ein Ball hingerollt, während ein Mädchen immer noch eher vor einen Puppenwagen gestellt wird), zweitens früher und intensiver gefördert werden und drittens, sobald sie im Leistungsbereich angekommen sind, vom Fußball leben und sich komplett darauf konzentrieren können (während die meisten Frauen nebenher noch anderweitig für ihren Lebensunterhalt sorgen müssen). Das ist sicher teilweise richtig. Im technisch-taktischen Bereich holen die Frauen gewaltig auf, seit die Unterschiede etwas schrumpfen. Immer noch auffällige Schwächen – im Frauenfußball verspringen immer noch mehr Bälle al...

IRRTUM: Schiedsrichter entscheiden objektiv

  1934 wurde die WM im faschistischen Italien Benito Mussolinis ausgetragen. Der Diktator wollte einen großen Triumph der eher als Außenseiter gestarteten Heimmannschaft und griff dabei zu allen Mitteln. Schon im Viertelfinale waren die Italiener dank einer ganzen Reihe von fragwürdigen Entscheidungen weitergekommen – so hatte der Schweizer Schiedsrichter René Mercet zugelassen, dass mehrere Italiener den spanischen Torhüter einkesselten, während die Heimmannschaft das Führungstor schoss. In der zweiten Halbzeit verwehrte er zwei korrekten spanischen Treffern die Anerkennung, Italien zog mit einem 1:0 ins Halbfinale. Nun sollte ein Mann die Bühne betreten, der als vielleicht parteiischster Schiri aller Zeiten in die Geschichte einging: Ivan Eklind aus Schweden. Der war am Abend vor dem Spiel Ehrengast an Mussolinis Tafel. Im folgenden Spiel erkannte er den italienischen „Treffer“ zum 0:1 an, obwohl der zustande kam, indem drei Italiener den österreichischen Keeper, der den Ball in ...

IRRTUM: "Der Nikolaus war noch nie ein Osterhase" - Die Herbstmeisterschaft ist bedeutungslos

  „Der Nikolaus war noch nie ein Osterhase“, polterte Uli Hoeneß Ende 2006. Da stand statt seinen Bayern Werder Bremen auf Platz 1 der Bundesliga, und was der Bayern-Präsident damals sagen wollte, war: Wer zu Nikolaus, wenn die Hinrunde der Liga endet, auf Platz 1 steht, ist bedeutungslos. Wichtig ist es, zu Ostern, wenn die Liga in die Zielgerade geht, oben zu stehen. Aber ist Platz 1 nach der Hinrunde, die sogenannte Herbstmeisterschaft, wirklich so bedeutungslos? Klar ist: Vom Herbstmeistertitel kann man sich nichts kaufen, wer in der Rückrunde abstürzt, bekommt keinen Extrapreis für die gute Hinrunde. Aber statistisch ist die Herbstmeisterschaft durchaus von Bedeutung. Denn sie macht bereits eine erste Aussage in Richtung Meisterschaft: In rund 67% der Bundesliga-Saisons wird der Herbstmeister auch „echter“ Meister [i] . 2006 allerdings lag Hoeneß richtig, wenn auch anders, als er sich das vorgestellt hatte: Herbstmeister Bremen wurde nicht Meister, sondern rutschte noch auf ...

IRRTUM: Der Doppelpass ist ein wichtiges Mittel zum Erfolg

  Wohl kaum ein taktisches Mittel im Fußball wird derart überschätzt wie der Doppelpass. Der Begriff ist einer der bekanntesten des Sportes, wird sofort mit Fußball verknüpft. Sportsendungen, Websites, Zeitschriften tragen ihn im Namen. Im Amateur- und Jugendtraining nimmt er bisweilen großen Raum ein, und Lehrmaterial und Fachbücher erklären ihn zu einem der wichtigsten Elemente des Spiels, ja gar zum Schlüssel zum Erfolg. Wie viele erfolgreiche Doppelpässe werden wohl pro Bundesligapartie gespielt, und wie viele Tore entstehen aus einer solchen Kombination? Laut Roland Loy sind die Zahlen geradezu lächerlich niedrig: Jedes Team spielt im Durchschnitt zwei erfolgreiche Doppelpässe pro Spiel, von denen weniger als zwei Prozent ein Tor nach sich ziehen. In der Saison 2010/2011 fielen nach Loy von 894 Saisontoren nur vier nach einem Doppelpass – weniger als 0,5% [i] ! Der berühmte Doppelpass ist für den Fußballsport in Wirklichkeit völlig unwesentlich! [i] https://www.bd...