Direkt zum Hauptbereich

Posts

Es werden Posts vom März, 2024 angezeigt.

IRRTUM: Die Ergebnisse eines Tipp-Spielers zeigen seine Fußballfachkompetenz

  Welcher Fußballfan hat nicht zumindest im privaten Bereich schon an einem Tippspiel teilgenommen? Von hochpreisigen Wettspielen, bei denen man bis ins kleinste Detail des Spiels Prognosen abgibt, bis hin zum WM-Partien-Tippen im Familienkreis gibt es eine enorme Bandbreite und man kann sich dem Thema kaum entziehen. Aber wer hat die besten Chancen bei einem Tippspiel? Darüber kursieren zwei verschiedene Ansichten. Erstens: Erfolg im Tippspiel ist ein Hinweis auf große Fachkompetenz. Wer regelmäßig gut abschneidet, der kann sich der Bewunderung der fußballbegeisterten Freunde sicher sein. Denn so jemand muss ja wohl richtig Ahnung haben, oder? Zweitens: Beim Tippspiel gewinnen immer die, die gar keine Ahnung haben. Das Glück ist mit den Dummen. Typischerweise begleitet von der Geschichte von der Freundin des besten Kumpels, die mal bei der Männertipprunde mitgemacht hat, obwohl sie nicht mal wusste, was eine WM eigentlich ist – und dann am Ende Platz 1 belegte… Böse Zungen behau...

IRRTUM: Die Zeitungen machten aus Englands 0:1 gegen die USA ein 10:1

  An den ersten Weltmeisterschaften nahm England gar nicht teil. Angeblich hielt man sich ohnehin für das beste Team der Welt und brauchte das gar nicht weiter beweisen. 1950 in Brasilien war das Mutterland des Fußballs dann erstmals beim Weltturnier vertreten. Es folgte ein Debakel. Nach einem mühevollen 2:0-Sieg gegen Chile kassierte England zwei 0:1-Niederlagen gegen die USA und Spanien und schied bereits in der Vorrunde aus. Vor allem die Niederlage gegen die bunte Spaßtruppe aus den USA ist in die Fußballgeschichte eingegangen. Und ein kurioses Detail wird bis heute immer wieder erzählt: Als das Ergebnis der Partie gegen die Amerikaner aus Brasilien telegrafiert wurde, glaubten die Redakteure der englischen Zeitungen an einen Übertragungsfehler. 0:1 gegen die USA? Das konnte nicht sein, da war offenbar eine „1“ verloren gegangen. Und so vermeldeten die Morgenzeitungen Englands am Tag nach dem Spiel einen standesgemäßen 10:1-Sieg ihrer Mannschaft über die Amerikaner… Diese Ge...

IRRTUM: Manuel Neuer ist fünfmaliger Welttorhüter

 Manuel Neuer, das wird beständig vor allem dann wiederholt, wenn Kritik an seinen aktuellen Leistungen geäußert wird, sei ja immerhin fünfmaliger Welttorhüter. Aber nach allen Kriterien, nach denen in der Regel die Besten des Weltfußballs bestimmt werden, ist das nicht wahr: In Wirklichkeit ist Neuer "nur" einmaliger Welttorhüter! Denn die FIFA wählt erst seit 2017 einen Welttorhüter, und Neuer gewann diesen Titel genau ein einziges Mal, im Jahre 2020. Eine zweite halbwegs ernstzunehmende Auszeichnung zum besten Torhüter der Welt, die Jaschin-Trophäe, wird seit 2019 von der Zeitschrift France Football vergeben, parallel zum Ballon d'Or . Diese Auszeichnung hat Neuer nie gewonnen. Und wo kommen dann die vermeintlichen vier weiteren Welttorhüter-Auszeichnungen Neuers her? Nun, die wurden von der dubiosen angeblichen Statistiker-Vereinigung International Federation of Football History and Statistics (IFFHS) verliehen, viermal in Folge in den Jahren 2013 bis 2016.  Doch die ...

IRRTUM: Der Schiedsrichter muss der Entscheidung des Videoschiedsrichters folgen

  Man erlebt es eher selten, aber doch immer mal wieder: Der Schiedsrichter bekommt nach einer kritischen Entscheidung einen Hinweis vom Videoassistenten, es folgt eine kurze Diskussion, der Schiri sieht sich die Szene nochmal auf dem Bildschirm am Spielfeldrand an – und bleibt dann bei seiner ursprünglichen Entscheidung! Das zieht in der Regel einen Sturm der Entrüstung unter den Fans in den sozialen Netzwerken nach sich. Denn der Schiedsrichter darf doch nicht einfach einen Einspruch des Videoassistenten ignorieren! Aber er darf. Die Regeln sind hier eindeutig: Der Schiedsrichter hat auch in Zeiten des Videobeweises noch die Entscheidungsgewalt auf dem Platz; der Videoschiedsrichter ist „nur“ ein weiterer Assistent, der dem Schiedsrichter bei Entscheidungen beratend zur Seite steht, ihn jedoch nicht überstimmen kann [i] . [i] https://www.dfl.de/de/aktuelles/fragen-und-antworten-zum-video-assistenten/

IRRTUM: Wer sich im Elfmeterschießen durchsetzt, hat das Spiel gewonnen

  Der Irrtum, eine Mannschaft, die nach einem Unentschieden in einem KO-Spiel durch das Elfmeterschießen weiterkommt, habe das Spiel statistisch gewonnen, tritt in Deutschland vor allem im Zusammenhang mit einem ganz bestimmten Spiel auf. Im Viertelfinale der EM 2016 setzte sich Deutschland nach 0:0 im Elfmeterschießen gegen Italien durch. Zuvor hatten die Deutschen bekanntermaßen noch nie ein Pflichtspiel gegen die Squadra Azzurra gewonnen, und so wird die Partie heute oft als „erster Pflichtspielsieg gegen Italien“ geführt. Aber ein Sieg im Elfmeterschießen wird nicht als Pflichtspielsieg gewertet. Das eigentliche Spiel ist unentschieden ausgegangen und gilt in allen Statistiken als Remis. Das Elfmeterschießen ist eine vom eigentlichen Match losgelöste Entscheidungsfindung, ähnlich einem Münzwurf, die in der Statistik ignoriert wird. Deutschland wartet also weiter auf einen EM- oder WM-Sieg gegen Italien.

IRRTUM: Es ist ein Vorteil, zuerst auswärts zu spielen

  Weit verbreitet ist im Fußball die Annahme, es sei in einer Pokalrunde mit Hin- und Rückspiel (wie es sie zum Beispiel in der Champions League gibt) ein großer Vorteil, erst das Auswärtsspiel zu bestreiten, um anschließend in der entscheidenden Partie daheim anzutreten. Die Logik: Mit dem Heimvorteil im Rücken könne man ein nicht so gutes Hinspielergebnis leichter herumreißen. Zudem kann es nur im Rückspiel zu Verlängerung und Elfmeterschießen kommen – die Mannschaft, die das zweite Match vor heimischem Publikum spielt, hat also potentiell mehr vom Heimvorteil. Auf den ersten Blick scheinen die Daten diesen alten Mythos sogar zu bestätigen, denn sie belegen immerhin einen kleinen Vorteil: Etwa in 57% der Fälle kommt die Mannschaft mit dem Rückspiel daheim in die nächste Runde. Auch der in diesem Blog so oft zitierte Roland Loy ging dieser Statistik auf den Leim und bescheinigte der Behauptung vom vorteilhaften Heim-Rückspiel in seinem Lexikon der Fußballirrtümer Korrektheit [i...

IRRTUM: Es gibt einen psychologisch (un-)günstigen Zeitpunkt für Tore

  „Das Gegentor fiel zum psychologisch ungünstigsten Zeitpunkt. Aber man muss an dieser Stelle auch einmal die Frage stellen, ob es Gegentore gibt, die zu einem psychologisch günstigen Zeitpunkt fallen.“ Mit dieser simplen Erkenntnis zerstörte der Erfolgstrainer Christoph Daum eine der populärsten hobbypsychologischen Annahmen im Fußball – dass ein Gegentor kurz vor der Halbzeitpause für eine Mannschaft psychologisch besonders ungünstig sei. Denn man ginge ja jetzt mit einem späten Schock in die Kabine und könne nicht umgehend auf die neue Situation reagieren. Denkt man kurz darüber nach, wirft diese Annahme Fragen auf: Muss sich eine Mannschaft ärgern, die in der 30. Minute trifft – weil es besser gewesen wäre, zehn Minuten später zu treffen? Oder, wie Daum es formulierte: Gibt es einen Zeitpunkt, zu dem es günstig ist, ein Gegentor zu kassieren? Kaum vorstellbar. Und selbst wenn: Wer sagt, dass ausgerechnet kurz vor der Pause ungünstig ist? Man könnte ja auch im Gegenteil spe...

IRRTUM: Die Frauennationalmannschaft ist stärker als die Herrennationalmannschaft

  In den 2000er Jahren durchlebte die deutsche Frauennationalmannschaft ihre erfolgreichste Zeit – 2001, 2005 und 2009 wurden die Damen Europameisterinnen, 2003 und 2007 Weltmeisterinnen. Zur selben Zeit waren die Ergebnisse der deutschen Herren weit weniger beeindruckend. Die Vizeweltmeisterschaft von 2002 war eher Losglück als spielerischer Leistung zu verdanken, 2000 und 2004 schied man bei der EM in der Vorrunde aus. Der dritte Platz bei der Heim-WM 2006 war zwar eine positive Überraschung, stellte die Fans aber auch nicht zufrieden. Zu dieser Zeit machte erstmals die Behauptung die Runde, die Frauennationalelf sei stärker als die der Herren, und gerüchteweise raunte man sich zu, bei einem Freundschaftsspiel der beiden deutschen Nationalteams hätten die Frauen dann auch den Sieg davongetragen. Teilweise kursieren diese Gerüchte bis heute, und auch nach der guten EM der Damen 2022 hieß es wieder, dass diese die Männer wohl schlagen würden und vielleicht an deren Stelle zur WM na...

IRRTUM: Toni Kroos ist "Querpass-Toni"

  Toni Kroos ist einer der besten und erfolgreichsten deutschen Fußballer der letzten Jahre, Weltmeister 2014 und fünffacher Champions-League-Sieger. Dennoch hat er in Deutschland seit jeher einen schweren Stand. Insbesondere wird ihm vorgeworfen, mit zahlreichen nutzlosen Querpässen zwar seine Passstatistik aufzuhübschen, aber nichts Sinnvolles für das Spiel seiner Mannschaft zu leisten. Der verächtliche Spitzname „Querpass-Toni“ macht schon länger die Runde, und nach der EM 2021 schlug auch Bayern-Präsident Uli Hoeneß gewohnt populistisch in diese Kerbe: Kroos passe „mit seinem Querpass-Fußball nicht mehr rein“ behauptete er. Aber alle Daten widerlegen das „Querpass-Toni“-Image. So verglich der Kicker nach der Champions-League-Saison 2020/2021 die Passleistungen von Kroos mit denen von Joshua Kimmich, Leon Goretzka und Ilkay Gündogan, drei Spielern, die von deutschen Fans meist vorteilhaft mit Kroos verglichen werden. Dabei kam unter anderem heraus: Kroos spielte 16% seiner Päs...

IRRTUM: Die Regenbogen-Kapitänsbinde hat negative Auswirkungen auf die Leistungen der Nationalmannschaften

 In den letzten Jahren ist es durchaus üblich geworden, dass Mannschaftskapitäne eine Kapitänsbinde in Regenbogenfarben tragen, um ein Bekenntnis zu Vielfalt und Toleranz zu vermitteln - lange auch bei der deutschen Nationalmannschaft. Ein Dorn im Auge all jener natürlich, die Vielfalt und Toleranz ablehnen. Und so taucht zuverlässig jedesmal, wenn eine Mannschaft mit Regenbogenbinde ein Spiel verliert, in den sozialen Medien die Behauptung auf, die schwache Leistung sei auf die Binde zurückzuführen - oft verbunden mit der Aufforderung, doch gefälligst eine Kapitänsbinde in Schwarz-Rot-Gold zu tragen; dann würde alles besser werden! Der gesunde Menschenverstand sagt einem bereits, dass das nicht wirklich glaubwürdig ist. Wie sollte ein Stück Stoff am Arm eines einzelnen Spielers so große Auswirkungen auf die Ergebnisse der Mannschaft haben? Aber kann man sich dem Thema auch statistisch nähern? In der Tat - und da kommt überraschenderweise heraus: Offenbar spielen die beiden deutsch...